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Vom Blödsinn über das Essen

Mein Abo für die Westfälischen Nachrichten läuft Ende des Jahres aus. Und das ist gut so. Ich werde mir zwar etwas neues für das Kaminanzünden einfallen lassen müssen, aber ansonsten fällt es nicht schwer.

Es gibt sicher viele Menschen, die alles glauben, was in den Medien berichtet wird. Es ist nur sehr schade wenn es um ernste Themen wie Essen geht, zumal sie doch unsere Lebensqualität und damit unsere Gesundheit betreffen. Was mich aufgebracht hat, war der Beitrag “Essen ist mehr als satt werden”, in dem Prof. Guido Ritter zu Wort kam. Zugegeben ein Professor und dann in den Medien, das muss doch wahr bzw. richtig sein. Nichts ist wirklich richtig, wenn es nicht zuende gedacht wurde.

In diesem Beitrag geht es um den Zeitgeist im Umgang mit Lebensmitteln. Dass 50% aller Lebensmittel irgendwo auf dem Weg zum Verbraucher weggeworfen werden, heisst es da. Dass das Ausdruck einer Ex-und-Hopp-Mentalität und verlorenen Respekts gegenüber Lebensmitteln sei. So weit so gut. Anschließend wird die Frage gestellt woher dieser unnatürliche Umgang kommt. Natürlich seien überall Lebensmittel verfügbar, das sei der Grund und jetzt wirds spannend, die Esskultur hätte sich verändert. So So. Welch tiefschürfende Erkenntnis für einen Oecotrophologen und welch interessanter Beitrag der Zeitung.

So jetzt kommt die Stelle, die mich als Hypnose Coach und Oecothrophologin aufbringt. Prof. Ritter behauptet: “Essen ist sozial und hat viel mit Emotionen zu tun”. Was daran blödsinnig ist? Zunächst einmal hat Essen erstmal nur etwas Ernährung zu tun – um dem physischen Aspekt des menschlichen Lebens Rechnung zu tragen. Inhaltlich geht es hier um die Zuführung von Energie, Vitalstoffen und Baustoffe für den menschlichen Körper. Praktisch gesehen- und nur das zählt, geht es genauer gesagt darum, dass Ernährung, deren Quantität und Qualität über unsere Gesundheit bestimmt. Die Emotion ist eine kulturelle Interpretation und diese wird von Individuen unterschiedlich interpretiert.

Stellen Sie sich vor. Vater und Mutter freuen sich auf ein kultiviertes Mittagsmahl am Sonntag. Das Kind, was dabei sitzt, macht irgend etwas falsch, es rührt vielleicht einmal zu viel mit der Gabel im Essen. Daraufhin ärgert sich der Vater und schreit das Kind an, es solle gefälligst vernünftig essen. Sehr emotional vorgetragen bleibt dieses Ereignis für das Kind viele Jahre hängen. Diese Kind hat heute Übergewicht. Warum auch immer denkt man sich. Dieser Mensch isst halt zu viel denkt man sich, das steht ja auch in den Zeitungen, wo andere Professoren predigen, man solle gefälligst weniger Kalorien zuführen, als man verbrenne. Aber so einfach ist das nicht.

Ich habe hier bei bwege regelmäßig Menschen sitzen, die übergewichtig sind. Und regelmäßig steht eine emotionale Verknüpfung zum Thema Essen im Vordergrund. Diese Verknüpfungen serviere ich nicht, sondern sie wird unter Hypnose sichtbar. Diese emotionalen Verknüpfungen lassen Menschen essen, um bestimmte Gefühle zu haben oder nicht zu haben. Mit der Folge, dass es zur falschen oder unkontrollierten Ernährung kommt. Wer in der Schule im Biologieunterricht aufgepasst hat, kennt den Pawlow’schen Hund. Eine Klingel diente als emotionale Verknüpfung für Futter. Emotionen mit Ernährung zu verknüpfen, wie Prof. Ritter, bedeutet entweder nichts über Emotionen und damit Psychologie zu wissen oder aber eine idiologische Verklärung in die Ernährungswissenschaft einfließen zu lassen, entweder bewusst oder unbewusst. Vielleicht sogar ankonditioniert wie der Hund? Schöne Erinnerungen an Früher, Herr Professor? Klingelt es da etwa? 😉

Essen sollte man bewusst und achtsam, aber nicht emotional verklären. Mit gesunder und vor allem bewusster Ernährung komme ich weiter, als wenn ich dort Kultur oder Emotion untermische. Das ist genauso blödsinnig wie Geschmacksverstärkung. Essen soll keine schönen Gefühle machen oder wegmachen. Denken sie nur an die frustrierten Menschen, die zum Gummibärchen greifen oder Schokolade essen zum Trost. Bewusst essen oder achtsam essen indes, bedeutet wahrnehmen mit allen Sinnen, langsamer Essen. Wie die alten weisen Zen-Meister es lehrten: Wenn ich esse, dann esse ich… Bewusst essen heisst nicht emotional essen. Was sind Emotionen oder Gefühle? Sie werden als starke Empfindungen im Körper wahrgenommen. Meistens als angenehm oder unangenehm. Letzteres wollen wir lieber nicht haben. Beide Regungen treten bei Menschen auf, die Gewichtsprobleme haben. Leider nehmen sie diese Gefühle oder Emotionen garnicht bewusst war. Ein Mensch, der bewusst lebt, das heisst achtsam und gewahr, was um ihn herum passiert, der ist sich auch seiner Gefühle gewahr. Jetzt passen Sie mal auf, haben Sie schon mal einen Zenmeister mit Adipositas erlebt? Und wenn es ein guter Zenmeister ist, sitzt der den ganzen Tag auf dem Kissen. Und bei einem Retreat wird nicht wenig gegessen, glauben Sie mir. Dort wird still gegessen, bewusst nur beim Essen zu sein, ohne großartige Gefühle.

Jedes großartige Gefühl, ob negativ oder positiv wird irgendwann mal zum Problem, beim Anhaften. Denn wenn ich heute anfange Essen zu praktizieren, wie es Prof. Ritter propagiert, fange ich sofort an zu vergleichen. Hm, denke ich mir, gestern war ein schönes Essen, heute ist das aber nicht mehr so schön. Es soll ja immer schön sein, oder? Es gibt ja nur schöne und weniger schöne Emotionen. Und wenn der Mensch schöne Emotionen mit einem Essen verknüpft, wie der Pawlow’sche Hund, dann wird er aber Probleme haben, wenn es mal nicht so schön ist im Leben. Also frisst er, weil er ja jetzt gelernt hat wie man schöne Gefühle schafft, nämlich mit Essen. Und Essen soll unsere Gesundheit und Lebensqualität erhalten damit wir nicht auf die nicht zuende gedachten Ratschläge von Ärzten und Ernährungsberatern angewiesen sind. Und dieser Rat, Prof. Ritter, ist wahrlich nicht zuende gedacht und dann ist es nicht richtig, aus meiner Sicht.